Sind Sie ein barmherziger Christ?

„Doch liebt eure Feinde, und tut Gutes, und leiht, ohne etwas wieder zu erhoffen! Und euer Lohn wird groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.

Seid nun barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! Und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden; und verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden. Lasst los, und ihr werdet losgelassen werden“ (Lukas 6,35-37).

Sie erinnern sich wahrscheinlich an die Geschichte von Sodom und Gomorra in Genesis. Zwei Engel, die als Menschen erschienen, näherten sich den Toren von Sodom. Sehr wahrscheinlich waren sie wie jeder gewöhnliche Mensch gekleidet.

Abrahams Neffe Lot saß am Stadttor, möglicherweise hatte er irgendeinen offiziellen Rang. (Er mag einer der Stadtältesten gewesen sein, die Besucher begrüßten.) Als Lot die beiden Fremden sah, begrüßte er sie – vielleicht war ihm in seinem Geist bewusst, dass etwas Übernatürliches in ihrem Antlitz war.

Als die Engel Lot erzählten, dass sie diese Nacht auf der Straße übernachten würden, war Lot entsetzt. Die Schrift sagt, Lot war ein gerechter Mann, der in einer bösen Stadt voll von homosexuellem Mob lebte – lüsterne, vergewaltigende, gewalttätige Männer auf der Pirsch. Lots Seele war bedrückt durch all das unbeschreibliche Übel, das er in Sodom sah. Tag und Nacht war die Gesellschaft niederträchtiger geworden. Schließlich erreichten Sodoms Sünden den Himmel – und nun hatte Gott zwei Engel gesandt, die diese Stadt beobachten sollten.

Lot lud sie sofort als Übernachtungsgäste in sein Haus ein. Er war so hartnäckig, dass die Engel zustimmten, mit ihm nachhause zu gehen. So nahm Lot sie in sein Haus und speiste sie.

Doch bevor sich die Engel für die Nacht zurückziehen konnten, versammelte sich ein lärmender, wilder Mob von homosexuellen Männern draußen auf der Straße. Sie umringten Lots Haus und schlugen an die Tür, schreiend: „Bring jene beiden Männer heraus. Gib sie zu uns, dass wir sie erkennen können!“ – und meinten damit: „Schicke sie heraus, dass wir mit ihnen Geschlechtsverkehr haben können.“

Was für eine unglaubliche, hässliche Szene! Diese wilden Männer hatten die Absicht, die zwei besuchenden Fremden bandenmäßig zu vergewaltigen. Lot war so verzweifelt, dass er etwas Unfassbares tat: Er bot dem Mob seine zwei Töchter an! Er sagte ihnen, „Lasst mich meine Töchter anstatt dieser Männer herausbringen. Ihr könnt mit ihnen tun, was euch gefällt!“ Als ein Vater von zwei Töchtern kann ich Lots Aktion nicht begreifen. Es übersteigt absolut meinen Verstand!

Nachdem Lot es ablehnte, die beiden Männer aufzugeben, schoben ihn die Sodomiter zur Seite und versuchten die Tür aufzubrechen. Die Engel, die zweifelsohne übernatürliche Kräfte gebrauchten, zogen Lot in das Haus und verschlossen die Tür hinter ihnen. An diesem Punkt hatten sie genug gesehen; sie wussten, dass sie handeln mussten.

Zunächst legten sie einen Bann der Blindheit über den Mob. Reden wir über die blindmachende Kraft der Lust: Sogar nachdem sie blind gemacht waren, torkelten die Sodomiter umher, versuchten noch, die Tür zu Lots Haus zu finden. Sie waren unter Gericht und wussten es nicht einmal!

Als nächstes nahmen die Engel Lot zur Seite und sagten ihm: „Am Morgen werden wir daran gehen, diesen Ort zu zerstören. Der Schrei der Bosheit ist zu laut in den Ohren des Herrn geworden! Jetzt geh deine Schwiegersöhne warnen, dass ihr alle die Stadt verlassen müsst. Bei der Dämmerung müssen du und deine Familie fliehen. Wir können nichts tun, bis du gegangen bist!“

Früh am nächsten Morgen versuchte Lot seine Schwiegersöhne zu wecken. Aber die Bibel sagt, dass sie ihn verachteten. Sie lachten ihn wahrscheinlich aus, drehten sich um und schliefen wieder ein. Also sagten die Engel Lot: „Gehe jetzt! Nimm deine Frau und deine Töchter und mach, dass du aus der Stadt kommst. Lauf und schau nicht zurück!“

Aber Lot blieb noch. Aus irgendeinem Grund konnte er sich nicht dazu bringen zu gehen. Trotz allem, was er in Sodom gesehen und gehört hatte, trotz der Warnung der Engel zögerte er. Plötzlich packten die Engel ihn und seine Familie an den Händen und zogen ihn buchstäblich aus Sodom heraus. Die Engel warnten: „Gericht wird herabkommen. Lauf zu den Bergen – jetzt!“

Lassen Sie mich Sie fragen: Warum sandte Gott Engel, um Lot und seine Familie zu retten? Wir wissen, dass Lot und seine Töchter letztlich aus Sodom gerettet wurden, aber seine beiden Schwiegersöhne und seine Frau wurden vernichtet. Warum wurde Lot gerettet? Warum sandte Gott Engel, um diesen Mann buchstäblich aus der Zerstörung herauszuziehen?

War es wegen Lots Moral? War es, weil Gott etwas Großartiges in ihm sah? Nein! Die Antwort ist sehr einfach: „... Der HERR, ihm gegenüber barmherzig, … brachte ihn heraus, und versetzte ihn nach außerhalb der Stadt“ (1. Mose 19,16; a. d. englischen King James Version). Gott war barmherzig mit ihm!

Ich sehe Lot als einen Typus des Überrestgläubigen in diesen letzten Tagen, in einer bösen Gesellschaft lebend, die im Begriff steht, gerichtet zu werden. Gerade jetzt ist Amerika reif für Zerstörung; in der Tat ist unsere Nation bereits unter Gericht. Und Lot repräsentiert die gerechte Überrestkirche in der Mitte dessen; denn die Bibel nennt Lot einen gerechten Mann (siehe 2. Petrus 2,6-8).

Doch, wenn Gottes Kirche heute gerecht ist, dann ist das nur wegen dem Blut Jesu Christi, und nicht wegen irgendeiner Güte oder Moral, die der Herr an uns gesehen hat. Es ist nur aus schierer Barmherzigkeit, dass er zu uns kam und uns aus dem Gericht herauszog – sogar als wir zögerten, unsere Sünden zu verlassen!

Denken Sie darüber nach: Als Sie gerettet wurden, nahm Sie der Geist Gottes an Ihrer Hand und zog Sie buchstäblich aus Ihren Sünden heraus, und versetzte Sie nach außerhalb der Reichweite von Bosheit und Rebellion. Er brachte Sie aus dem Gericht heraus, heraus aus Sodom. Und vielleicht sind Sie nicht willentlich gegangen; mag sein er musste Sie herausführen, wie er es mit Lot tat.

Wir sehen die Sünden unserer Gesellschaft sich zum Himmel auftürmen: Sinnlichkeit, Unmoral und Übel werden immer dreister. Wie kommt es, dass wir nicht in es hinein verschluckt werden? Warum sind wir nicht mit diesem moralischen Erdrutsch weggetragen worden?

Sie können über die Boshaftigkeit von Sodom sprechen – aber haben Sie in letzter Zeit Ihre Zeitung gelesen? Lassen Sie mich nur die Themen eines einzigen Tages mit Ihnen teilen, die ich kürzlich in New York Citys Daily News las:

„Michael, vierundzwanzig Jahre alt, ermordete und zerschnitt den Körper seines zweiundsechzigjährigen, homosexuellen Liebhabers. Der alte Liebhaber wurde von Michael mit einer Plastiktüte erstickt. Er warf den Körper in den Kofferraum des Autos, fuhr nach Lexington, Kentucky, und dort zerteilte er den Körper und warf die Teile in Mülleimer. Dann kaufte Michael einen Metalldetektor und durchsuchte das Heim seines Opfers nach Gold. Sein Liebhaber hatte angedeutet, dass Gold in seiner Wohnung wäre.“

„Eine Frau aus der Bronx wurde angeschossen und kritisch verwundet, nachdem sie von ihrem Ex-Ehemann in einen Hinterhalt gelockt wurde. Nachdem er seine ehemalige Frau angegriffen hatte, tötete Luis sich selbst mit einer Kugel in den Kopf. In seinem Auto fand die Polizei eine richterliche Schutzanordnung, die seine Frau gerade erhalten hatte. Luis fand sie zusammen mit einem Freund, und in einem Wutanfall pumpte er zwei Kugeln in ihren Magen. Luis rannte zwei Blocks , dann schoss er sich in den Kopf und starb auf der Straße“

„Schulen sind in Aufruhr wegen sechs- und siebenjährigen Jungen, die Mädchen küssen und ihnen schmutzige Notizen schreiben. Ein siebenjähriger Junge riss einen Knopf vom Rock eines Mädchens ab. Mehr Kinder werden wegen sexueller Belästigung angeklagt. Das ist eine nationale Angelegenheit geworden.“

„Ein Ehepaar aus Bogotá, Kolumbien, mit 18 Kindern, verkaufte ein Paar sechs Monate alter Zwillinge für 300 $ und ein kleines Stück Land. Das Ehepaar wurde ins Gefängnis gebracht. Die Zwillinge wurden offensichtlich an einen internationalen Kinderschmugglerring verkauft.“

An demselben Tag erschienen folgenden Themen in der New York Post:

„5.000 Trauernde füllten eine Schule, um sich von zwei brutal abgeschlachteten Cheerleadern zu verabschieden. Die beiden Teens wurden als vermisst gemeldet, als sie versäumten, in der Schule zu erscheinen. Ihre zerteilten Körperteile wurden über mehrere Meilen verteilt gefunden. Die Körper waren auch zermalmt worden.“

„Ein Körper mit fehlenden Armen wurde aus dem Harlem River gezogen. Es wird vermutet, dass es die Überreste eines Drogendealers, ‚Angel’ gerufen, sind.“

An diesem Punkt musste ich aufhören zu lesen. Dann traf es mich: Die Genesis deutet nirgendwo an, dass es da irgendeine Zerstückelung von Körpern in Sodom und Gomorra gab. Da ist kein Bericht vom Verkauf von Babys, von Bandenmorden, von Abtreibungen. Nach unserer Kenntnis hatten sie nichts von diesen Dingen. Auch hatte Sodom nicht TV oder Filme, um Gewalt zu verherrlichen. Sie hatten auch keine Theaterindustrie, um Sex zu glorifizieren.

Doch seit Sodom hatte die Sünde tausende Jahre, um zu reifen und wilder, niederträchtiger, übler, böser zu werden. In der Tat sagt die Bibel, dass die Sünde zunehmend schlimmer werden wird. Und in dieser Generation – die viel gewalttätiger, blutiger und böser als Sodom und Gomorra ist – ist der einzige Grund, aus dem wir in der Lage sind in Gottes Haus zu kommen, die immerwährende Barmherzigkeit von Jesus Christus! Barmherzigkeit hat uns buchstäblich aus dem Gericht herausgezogen, wobei sie uns von dem bösen Leben, das wir führten, trennte – sogar als wir widerspenstig waren und zögerten, unseren Sünden und Vergnügungen nicht entsagen wollten!

Hier in der Times Square Church sind viele Menschen, die Gott aus Alkoholismus, Prostitution, Drogensucht, Ehebruch herausgezogen hat. Sie wissen, dass Gott sie nicht wegen irgendetwas Gutem in ihnen herausgezogen hat – sondern einfach, weil er barmherzig war: „... Der HERR, ihm gegenüber barmherzig, … brachte ihn heraus, und versetzte ihn nach außerhalb der Stadt“ (1. Mose 19,16; a. d. englischen King James Version).

Malen Sie sich Lot auf einem sicheren Berghang aus, wie er über Sodom schaute, als es weiter unten brannte. Kein Zweifel, er trauerte über den Verlust seiner Frau und seiner Schwiegersöhne. Und nun zerbröselte vor seinen Augen die ganze Stadt in Asche, zusammen mit ihren Tausenden von Einwohnern.

Fragen Sie sich nicht, was Lot gedacht haben musste, als er die schwelende Glut jener Stadt beobachtete? Vielleicht fragte er: „Warum mich retten, Herr? Warum liegen Tausende verkohlt, zu Asche verbrannt da, während ich hier sicher und erlöst stehe? Warum hast du mich gerettet?“

Mag sein Sie haben dieselbe Frage gestellt: „Warum ich, Herr? Warum liege ich nicht halb tot auf der Straße? Warum bin ich nicht einer von den Millionen verlorenen Seelen, die den Namen Jesu verfluchen, die hoffnungslos zechen, die dämonenbesessen sind? Warum hast du all die Leute in der Kirche um mich herum errettet? Warum werden sie nicht in irgendeiner Bar voll zu, oder liegen in irgendeinem einsamen Raum, wahnsinnig durch Drogen?“

Ich sage Ihnen, das ist alles wegen der absoluten Barmherzigkeit Gottes! Weil der Herr, indem er barmherzig zu uns ist, uns herausbrachte und uns nach außerhalb dieser verhängnisvollen Gesellschaft versetzte. Wir alle verdienten es, verzehrt zu werden – aber er hatte Erbarmen mit uns!

Im Deuteronomium 4 warnt Mose Israel, dass sie in „den letzten Tagen“ sich selbst verderben könnten, indem sie gravierte Bilder machen und Übles tun, was Gott zum Zorn provozieren würde. Und wenn sie es täten, würde Gott sie bestrafen, sie zerstreuen und sie dem Götzendienst übergeben.

Israel wandte sich Mal um Mal von Gott ab, wurde fortwährend abtrünnig. Doch der Herr gab diese Leute niemals auf. Er erwies ihnen Gnade um Gnade, er streckte sich wieder und wieder nach ihnen aus in Liebe und Mitgefühl:

„Dann werdet ihr von dort aus den HERRN, deinen Gott, suchen. Und du wirst ihn finden, wenn du mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele nach ihm fragen wirst. Wenn du in Not bist, und wenn alle diese Dinge dich getroffen haben am Ende der Tage, wirst du zum HERRN, deinem Gott, umkehren und auf seine Stimme hören. Denn ein barmherziger Gott ist der HERR, dein Gott. Er wird dich nicht aufgeben und dich nicht vernichten und wird den Bund deiner Väter nicht vergessen, den er ihnen geschworen hat“ (5. Mose 4,29-31).

Was für ein erstaunliches Bild: Gott blieb bei Israel, obwohl sie ihn zum Zorn provozierten. Er ernährte sie, kleidete sie und ging mit ihnen all jene Jahre durch die Wildnis. Das ist die absolute Barmherzigkeit Gottes!

Wie oft haben sie dem Herrn gegenüber versagt? Wie oft hatten Sie böse Gedanken, Dinge, von denen Sie nicht dachten, dass Sie dazu fähig wären, sie zu denken? Wie viele Male haben Sie verletzende Dinge zu anderen gesagt? Wie viele Dinge haben Sie getan, die Jesus unähnlich waren und den Heiligen Geist betrübten? Wie viele Male hat Ihr Ungehorsam alle Arten von Bedrängnis, Sorge und Leiden auf Ihr Haupt gebracht?

Doch gerade in der Zeit, in der Sie es verdienten, bestraft zu werden – öffentlicher Schande ausgesetzt zu werden, weil Sie gegen Gottes Liebe sündigten – umarmte Sie Gott stattdessen und erwies Ihnen Barmherzigkeit. Er verließ oder zerstörte Sie nicht. Er hatte Mitgefühl mit Ihnen. Und er legte es in Ihr Herz, zurückzukehren und ihm zu gehorchen!

Ich hoffe, dass, während Sie diese Botschaft lesen, Sie nicht selbstgefällig sagen: „Dies ist nicht für mich.“ Ich dränge Sie: Entfernen Sie jeden Gedanken aus Ihrem Sinn, dass Sie jemals Gottes Gnade verdient hätten! Keiner von uns verdient, dort zu sein, wo wir heute sind. Niemand hat wegen seiner persönlichen Güte Gnade empfangen. Nein! Stattdessen rufen wir mit dem Psalmisten: „Denn mächtig über uns ist seine Gnade! …“ (Psalm 117,2). „Du, o Herr, bist ein Gott voller Mitgefühl, und gnädig, langmütig, und reich an Barmherzigkeit und Wahrheit“ (Psalm 86,15; a. d. englischen King James Version).

Ich habe eine Frage für jeden, der diese Botschaft liest: Erkennen Sie an, dass Gott barmherzig und freundlich gegenüber Ihnen war? War er langsam zum Zorn wegen Ihrer Sünden und ihrem Versagen?

Das wirft eine weitere Frage auf: Sind Sie im Gegenzug ein barmherziger, freundlicher Christ für andere? „Seid nun barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ (Lukas 6,36). „… der Gerechte aber ist gütig und gibt“ (Psalm 37,21).

Hier in der Times Square Church haben wir zu einer Dreißig-Tage-Gebetskette aufgerufen – vierundzwanzig Stunden am Tag, mit hunderten von Leuten, die rund um die Uhr zu Gott rufen. Wir bitten den Herrn, uns zu helfen, die Verlorenen zu erreichen, uns zu zeigen, wie die Bösen und Abtrünnigen zu warnen sind.

Doch inmitten dieser Gebetskette begann sich der Heilige Geist mit mir zu befassen – und ich fragte mich, ob unsere Gebete die richtige Betonung hatten. Mag sein, wir hätten stattdessen für uns selbst beten sollen; schließlich, warum sollte Gott Neubekehrte in unsere Mitte schicken, wenn wir nicht bereit waren, solch bedürftige Personen mit Freundlichkeit, Barmherzigkeit und Gnade zu empfangen? Hätten wir nicht über unserem Mangel an Barmherzigkeit und Freundlichkeit zu anderen Christen beten sollen? Hätten wir nicht wissen sollen, dass Gott uns keine größere Liebe für verlorene Seelen geben würde, wenn wir noch nicht wie er sind – voller Mitgefühl, gnädig, langmütig, reich an Barmherzigkeit?

Ich konnte mir neu gerettete Christen bildhaft zur Kirche kommend vorstellen, die nicht sehr gottgefällig oder heilig erscheinen würden: junge Frauen in kurzen Röcken, junge Männer mit Dreadlocks (Filzlocken). Ich konnte nicht anders, als zu denken: „Wie viele unbarmherzig Heilige werden diese jungen Leute sehen und sagen: ‚Geh und lass dir einen Haarschnitt verpassen, bevor du das nächste Mal hereinkommst!’ oder ‚Geh und zieh ein sich gehöriges Kleid an!‘?“

Ich erinnere mich, wie ich als junger Evangelist in Los Angeles bei einem Kreuzzug (Evangelisation) vor 5.000 Menschen predigte. Mindestens 2.000 jener Leute waren christliche Hippies. Sie waren gerade wiedergeboren und aus der Hippiekultur herausgebracht worden. Viele dieser jungen Leute lagen ausgestreckt vor mir auf dem Boden, barfuß und mit langen Haaren und zerlumpte Kleider tragend.

Ich war an diesem Abend pfiffig angezogen, mit einem blauen Blazer und einer scharfen Krawatte, den neusten Schlaghosen und glänzenden Schuhen. Als ich auf die Bühne kam, begann ich auf jene Kids zu schimpfen. Ich sagte: „Einige von euch sehen furchtbar aus. Zieht euch anständige Kleider an und lasst euch einen Haarschnitt verpassen, bevor ihr morgen Abend zurückkommt!“

Nach dem Gottesdienst traf ich hinter der Bühne mit einer Delegation dieser langhaarigen, jungen Hippiechristen zusammen. Einer von ihnen fuhr mit seinem Finger meinen modischen Anzugskragen herunter und sagte: „Was für ein schöner Anzug.“ Dann schaute er zu mir auf und sagte, „Bruder David, wir konnten Jesus heute Abend nicht sehen.“ „Warum nicht?“, fragte ich. Er antwortete: „Deine Kleidung kam in den Weg.“ Ich betrachtete sie als zu minderwertig angezogen – und sie betrachteten mich als zu hochwertig angezogen!

Jene Kids machten sich keinen Spaß aus mir. Sie waren aufrichtig. Sie weinten, als sie mir sagten: „Wir glauben, dass du ein Mann Gottes bist. Aber dir fehlt etwas.“ Ich weiß jetzt, dass es mir an Barmherzigkeit mangelte. Ich schimpfte niemals wieder über diese Dinge. Gott lehrte mich eine harte Lektion – eine, die, so bete ich, in meinem Herzen bleibt

Lassen Sie mich dies sagen: Viele Christen glauben, es ist genug, rein und geheiligt zu sein. Wir denken, dass dies das Thema Nummer eins ist – und dass alles, was wir tun müssen, ist, uns dem Übel zu enthalten, aus der Welt herauszukommen und rein zu bleiben. Solange wir nicht rauchen, trinken, Unzucht treiben oder Ehebruch begehen denken wir, wir sind rein.

Niemand hat strengere Predigten über Heiligkeit und Reinheit über die Jahre gehalten als ich. Aber gemäß Jakobus ist Reinheit lediglich die erste der Angelegenheiten von Interesse: „Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, sodann friedvoll, milde, folgsam, voller Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt“ (Jakobus 3,17). Ja, zuerst sollen wir rein sein. Aber Barmherzigkeit, Gnade und Freundlichkeit müssen folgen!

Sie können das reinste Herz in der Kirche haben – Sie können fleckenlos sein – und doch gemein, unfreundlich, ohne Liebenswürdigkeit sein! Es ist eine schreckliche Schande auf dem Leib Christi, dass Leute auf der Straße freundlicher und sanftmütiger sein können, als viele in der Kirche. Ich hörte eine christliche Frau ihrem Ehemann sagen: „Liebling, ich erbitte nicht viel von dir. Ich bitte dich nur, dass du mich so freundlich behandelst wie du es bei deinen Freunden tust. Bitte rede zu mir auf die Weise, wie du zu ihnen redest. Lass mich wie jene sein, mit denen du außerhalb unseres Zuhause verkehrst.“ Welch eine Schande – dass irgendeine Ehefrau dies jemals von ihrem christlichen Ehemann erbitten muss!

Einige der streitsüchtigsten, widerspruchsfreudigsten, bissigsten, am gemeinsten gesinnten Leute sind jene, die behaupten, Geist-erfüllte Gläubige zu sein. Viele solcher Leute sind treue Verzehnter; sie verpassen niemals einen Gottesdienst; sie sind unbefleckt von der Welt. Aber sie sind parteiisch, wobei Sie nur jenen Gnade und Freundlichkeit erweisen, die freundlich zu ihnen sind. Es gibt da keine Sanftmütigkeit oder Liebenswürdigkeit bei ihnen. Sie würden eher einen Bruder oder eine Schwester mit Klatsch und Verleumdung kreuzigen und kaputtmachen, als ihnen Barmherzigkeit entgegenzubringen. Du hasst es, um sie herum zu sein – weil du weißt, dass sie dich kleinschneiden werden!

Lassen Sie mich Ihnen sagen, was ich glaube, dass es die Ursache aller Unfreundlichkeit und Unbarmherzigkeit in Gottes Haus ist: Christen die keine Barmherzigkeit erweisen, die verurteilend sind, die unfreundlich handeln und sprechen, haben niemals Gottes Gnade für sich selbst verstanden oder schätzen gelernt.

Einige Christen sind harsch und nichtvergebend, weil sie niemals verstanden haben, wie nahe sie einmal selbst davor waren, verdammt zu werden. Sie haben niemals die überaus große Sündhaftigkeit ihrer eigenen Sünden betrachtet; sie nahmen ihre eigene Sündenschuld leicht, gemeinsam mit der barmherzigen Gnade, die Gott ihnen entgegenbrachte. Sie verstanden nicht, wie wahrhaft schmutzig und hässlich ihre Sünden waren – und wie viel Gnade und Barmherzigkeit sie brauchten!

Jesus erzählte ein Gleichnis über einen Diener, dem eine große Schuld vergeben wurde. Dieser Mann fand Gnade und Barmherzigkeit bei seinem Herrn. Aber er hielt diese Gnade und Barmherzigkeit für selbstverständlich! Sofort nachdem ihm vergeben worden war, ging er hinaus und würgte einen Mann, der ihm einen kleinen, bedeutungslosen Betrag schuldete, wobei er verlangte: „Zahle mir, was du mir schuldest!“ Als der Schuldner den Mann um Barmherzigkeit bat, weigerte sich dieser und ließ den Schuldner einsperren.

Warum war dieser Mann so richtend? Warum mangelte es ihm an Barmherzigkeit? Es war, weil er seine eigene Unwürdigkeit nicht betrachtete! Er verstand nicht, wie hoffnungslos er war, wie überaus sündhaft seine eigene Sünde war. Er war sich der Gefahr nicht bewusst, in der er gewesen war – wie nahe er dem Tod gewesen war – bevor ihm Barmherzigkeit erwiesen wurde. In der Tat, als der Herr herausfand, was der undankbare Mann dem anderen Schuldner angetan hatte, ließ er ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis werfen.

Während ich an dieser Botschaft arbeitete, stoppte mich der Herr und sagte: „David, vergiss jetzt einmal deine Botschaft. Ich möchte mit dir über deinen richtenden Geist, deinen Mangel an Barmherzigkeit sprechen.“

Ich dachte: „Mit mir, Herr? Ich bin einer der barmherzigsten Prediger in Amerika.“ Aber er begann mit einer Rückschau all der Dinge, die ich zu jungen Predigern gesagt hatte – Dinge, bei denen ich scharf herausgeplatzt war. Dann erinnerte er mich an all die unsensiblen Dinge, die ich zu Leuten gesagt hatte, die versagt hatten, zu Leuten, die ich aufgegeben hatte.

Jene Sitzung machte mich völlig zunichte. Ich weinte vor dem Herrn. Als ich Gott fragte, wie das sein konnte, antwortete er: „Du hast vergessen, was ich für dich getan habe, die unfassbare Barmherzigkeit, die ich dir erweisen musste. Wie viele Male habe ich dich aus etwas ausgegraben, das dich hätte zerstören können? Du wärst nicht hier ohne meine Barmherzigkeit!“

Geliebte, Sie müssen auf die Fallgrube schauen, die Sie für Ihr eigenes Leben gruben – die Grube, in der Sie ohne Gottes Barmherzigkeit sein würden – bevor Sie jemand anderem Barmherzigkeit anbieten können. Nur dann können Sie sagen: „O Gott, ich weiß, was du für mich tatest. Und du kannst dasselbe für meinen Freund in Sünde tun. Ich war einmal aus deiner Sicht genauso böse. Ich kann diesen Freund nicht verurteilen, weil du mit mir Erbarmen hattest!“

Das ist es, wo Sie beginnen müssen! Sind Sie ehrlich genug in Ihrem Herzen, zuzugeben: „Ich möchte wirklich barmherzig, liebevoll, freundlich und gnädig sein. Aber ich muss zugeben – ich bin nicht der freundlichste der Christen. Ich erweise nicht Barmherzigkeit, wie ich sollte. Ich bin hitzig, scharf mit meiner Zunge. Ich habe eine Tendenz, Menschen zu schnell zu richten und sie zu leicht aufzugeben. Ich bin nicht so sanftmütig, wie ich es sein sollte.“?

Lieber Heiliger, liebe Heilige, diese Botschaft soll nicht über Sie schimpfen oder Ihnen eine Strafpredigt halten. Vielmehr glaube ich, dass ich ein Wort der Hoffnung für Sie habe. Lassen Sie mich Ihnen erklären, warum Sie solch einen Ort noch nicht erreicht haben mögen – warum Sie es so schwer finden, der freundliche, gnädige, barmherzige Christ zu sein, der Sie sein möchten.

Wir finden den Schlüssel in Psalm 119. Der Psalmist gibt hier eine kraftvolle Erklärung ab: „Lass doch deine Gnade mir zum Trost sein nach deiner Zusage an deinen Knecht!“ (Psalm 119,76). Die Bedeutung hier ist: „O Herr, dein Wort sagt mir, ich soll durch das Wissen getröstet werden, dass du barmherzig und voller Mitgefühl für mich bist. Lass mich Trost aus dieser großen Wahrheit ziehen!“

Falls Sie in einer Konkordanz die Worte „barmherzig“ und „Barmherzigkeit“ nachschauen sollten, würden Sie hunderte von Referenzstellen finden. Gottes Wort überwältigt uns mit zahlreichen Verheißungen seiner wunderbaren Gnade, liebevollen Freundlichkeit und seinem Mitgefühl. Er möchte uns einprägen, dass er barmherzig ist, langmütig, langsam zum Zorn über unser Versagen, unsere Schwächen und Versuchungen.

Alle Verheißungen Gottes der Barmherzigkeit sind uns zum Trost in unseren Prüfungen gegeben worden. Wenn wir Gott gegenüber versagen, denken wir, dass er sauer auf uns ist, bereit, uns zu richten. Aber stattdessen möchte er, dass wir wissen: „Ich möchte dich durchbringen. Tu einfach Buße. Ich bin nicht sauer auf dich. Ich bin barmherzig, voller Gnade und Liebe für dich. Ziehe Trost aus dem!“ Wie tröstlich, zu wissen, dass seine Barmherzigkeit niemals von uns zurückgezogen werden wird! Wie tröstlich, zu wissen, dass, wenn wir sündigen oder versagen, seine Barmherzigkeit und Liebe zu uns sogar noch größer werden.

Doch solange wir nicht aus der Barmherzigkeit, die Gott uns erweist, Trost ziehen, sind wir nicht in der Position, anderen Barmherzigkeit, die Trost anbietet, zu erweisen. Nur wenn wir das absolute Barmherzigsein Gottes selbst erfahren, wird ein Überfließen der Barmherzigkeit zu jedem um uns herum da sein. Wir werden barmherzige Leute, weil wir selbst in der Barmherzigkeit Gottes leben.

Jedes Mal, wenn Sie Barmherzigkeit erweisen – immer wenn Sie freundlich und liebenswürdig zu einem anderen Gläubigen sind – geben Sie Trost.

Ein Mann aus unserer Gemeinde stoppte mich kürzlich nach einem Gottesdienst. Er sagte: „Bruder Wilkerson, lass mich dir sagen, warum ich diese Kirche besuche. Meine Mutter ist gerade kürzlich entschlafen. Sie war neunzig. Die letzten vier Jahre war sie bettlägerig und ich kümmerte mich um sie.

In der Kirche, die ich vorher besuchte, musste ich jeden Sonntag den Gottesdienst früher verlassen, um zu gehen und sie zu pflegen. Nach einer Weile wurde der Pastor dessen müde. Vor der ganzen Versammlung sagte er mir: ‚Wenn du gehen wirst, gehe jetzt, bevor ich anfange zu predigen.’

Hier in der Times Square Church hat niemand jemals ein Wort über das frühe Gehen gesagt. Das mag wie eine kleine Sache scheinen, aber für mich ist es eine große Sache. Ich musste nicht jedem erklären, dass ich nach Hause ging, um mich um meine Mutter zu kümmern.“

Das ist es, wo Barmherzigkeit erwiesen werden muss – in den einfachen, tagtäglichen Dingen. Manchmal kann Barmherzigkeit nur ein Lächeln sein, oder ein Arm um jemandes Schulter. Sie kann so einfach sein wie ein mitfühlender Gesichtsausdruck oder ein mitfühlendes Wort für jemanden, der verletzt ist.

Aber Sie können niemals Barmherzigkeit anbieten, wenn Sie ständig denken: „Gott muss sauer auf mich sein. Ich werde zu Fall kommen – ich weiß es einfach. Ich bin diese Art von Person!“ Sie können sich nicht an Gottes Barmherzigkeit und Liebe erfreuen, wenn Sie immer denken, dass Sie nur einen Schritt aus der Hölle heraus sind.

Wie können Sie andere trösten, wenn Sie es selbst noch nicht gelernt haben, Trost aus Gottes Barmherzigkeit für Sie zu ziehen? „... damit wir die trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden. ... sei es, dass wir getröstet werden, so ist es zu eurem Trost ...“ (2. Korinther 1,4.6).

Das ist der primäre Grund dafür, warum so viele Christen nicht barmherzig sind: Deshalb, weil sie selbst niemals getröstet wurden im Barmherzigsein Gottes ihnen gegenüber. Sie wissen nicht, wie man in Gottes Barmherzig ruht. Sie haben gehört, dass Gott barmherzig ist, und sie hoffen, dass er auch zu ihnen barmherzig ist – aber sie sind sich dessen nicht sicher. Sie haben keinen tröstenden Frieden!

Aber barmherzige Christen sind des Herrn Tröster. Und sie können Barmherzigkeit und liebevolle Freundlichkeit erweisen und aussprechen, weil sie den unfassbaren Trost von Gottes Barmherzigkeit für sie erfahren haben.

Wenn ich jemandem von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehe, der versagt hat, dessen Vergangenheit böse und niederträchtig ist, und mein Fleisch ihn zurechtweisen oder ablehnen will, erinnere ich mich, wie barmherzig Gott zu mir gewesen ist – wie er mich mit seiner Liebe und seinem Mitgefühl getröstet hat, als ich es brauchte. Und plötzlich erinnere ich mich: Jesus kam, um zu suchen, was verloren war. Seine Barmherzigkeit streckt sich nach allen aus. Nichts, und niemand, ist unmöglich bei Gott.

Dann wird mein Herz weicher. Ich kann zu jenem Sünder schauen und zu mir selbst sagen: „Herr, ich war nicht besser. In deinen Augen war ich genauso böse. Du vergabst mir. Hilf mir, ihm zu vergeben!“ Ich kann jetzt als ein Tröster handeln, Liebe und zärtliches Mitgefühl anbieten – wegen des Trostes, durch den ich getröstet worden bin, bin ich fähig, jene zu trösten, die ebenfalls Trost brauchen.

Christ, Sie brauchen keine Lektion, keine Prügel. Sie müssen nur Gottes Wort erforschen, und alles glauben, was er Ihnen über seine Barmherzigkeit Ihnen gegenüber gesagt hat. Also, beruhigen Sie ihre beunruhigte Seele, indem Sie es sich aneignen. Seien Sie getröstet in Gottes Barmherzigkeit zu Ihnen – und Sie werden mit dieser Barmherzigkeit für andere überfließen!

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Bibelstellen – soweit nicht anders angegeben – nach der Elberfelder Bibel 2006. Die angegebenen Versnummern können bei einigen Bibelausgaben abweichen.