Besondere Gunst

Gottes Berufung zu einer höheren Liebe wahrnehmen

Jeder möchte gern etwas Besonderes sein. Die Welt weiß das, und Geschäfte schlagen Profit daraus. Deshalb machen sie uns verschiedene Angebote des „Besonderen,“ um mit uns ins Geschäft zu kommen. Hotels, Fluggesellschaften und andere Unternehmen werben mit Gold-, Silber- und Bronze-Karten um ihre Kunden. Je mehr wir ihre Dienstleistungen unterstützen, desto höher werden wir als Mitglieder eingestuft und erhalten alle möglichen Nachlässe und Vergünstigungen. Sie geben uns das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, weil wir uns für ihr Unternehmen entschieden haben.

Es gibt auch eine andere Art von Gunst, die wir erfahren können; sie ist eher persönlicher Natur. Es ist die besondere Gunst, die Freunde uns erweisen, indem sie die zweite Meile für uns gehen. Vor einigen Jahren brauchte ich diese Unterstützung, als ich mir den Rücken verrenkt hatte und für eine Weile lahmgelegt war. Plötzlich waren meine Familie und ich dringend auf Hilfe angewiesen.

In dieser Situation kam uns ein junges Ehepaar zu Hilfe, das in unserem Missionswerk arbeitete. Die beiden zogen sogar in unser Haus ein, um uns den Alltag zu erleichtern. Sie gingen für uns einkaufen und sie kochten und putzten für uns. Den Haushalt zu erledigen ist keine große Sache, wenn man es selbst tun kann, wird aber zu einem echten Problem, wenn man nicht selbst dazu in der Lage ist. Indem die beiden uns diese Aufgaben abnahmen, halfen sie unserer Familie durch eine äußerst schwierige Zeit hindurch. Können Sie sich vorstellen, welche Liebe dazu nötig ist?

Die Hingabe, mit der dieses Ehepaar uns half, werde ich nie vergessen. Sie erwiesen uns wirklich eine besondere Gunst. Doch Gott schenkt den Seinen eine Gunst, die sogar noch darüber hinausgeht.

Paulus erklärte den Philippern, was Gottes „besondere Gunst“ bedeutet: „Ich bin ganz sicher, dass Gott, der sein gutes Werk in euch angefangen hat, damit weitermachen und es vollenden wird bis zu dem Tag, an dem Christus Jesus wiederkommt. Es ist nur natürlich, wenn ich so empfinde, denn ihr liegt mir sehr am Herzen. Gemeinsam empfangen wir die Gnade [oder: Gunst] Gottes, ob ich nun im Gefängnis bin oder die Botschaft Gottes verteidige und bekräftige“ (Philipper 1,6-7; meine Ergänzung).

Jeder würde beim Lesen dieser Verse denken: „Da bin ich dabei. Das hört sich nach einem göttlichen Gold-Paket an. Ich möchte das Beste von allem, was er für mich bereithält.“

Doch die Gunst des Herrn ist ganz anders als die Gunst der Welt, wie Paulus in Vers 7 unterstreicht: „Gemeinsam empfangen wir die Gnade Gottes, ob ich nun im Gefängnis bin oder die Botschaft Gottes verteidige und bekräftige“ (Vers 7).

Moment mal, wie bitte? Paulus empfing Gottes besondere Gnade, indem er ins Gefängnis gesteckt wurde? Wie kann man von Gunst oder Gnade reden, wenn man in Ketten gelegt und zum Schweigen gebracht wird? Paulus hatte zu Tausenden gepredigt und erlebt, wie Scharen von Menschen auf die Knie fielen und um Errettung flehten. Er erschien vor Königen und Richtern und empfing eine persönliche Offenbarung Jesu. Das hört sich nach Gunst an. Aber wie kann es eine besondere Gunst sein, nach alledem in einem Gefängnis zu landen?

Gegen alle Vernunft beschreibt Paulus seine Situation so, als wäre es das Privileg einer Gold-Mitgliedschaft. Und er dankte den Philippern, die ihn während seiner Inhaftierung unterstützten, so wie das junge Ehepaar mich in meiner schwierigen Lage unterstützte. Wissen Sie, was Paulus hier beschreibt, muss mit einem geistlichen Herzen verstanden werden. Er zeigt uns, dass Gott uns wahrscheinlich an völlig unerwartete Orte führen wird, wenn er in unserem Leben ein besonderes Werk für sein Reich tun will.

Paulus wusste, dass Gottes Gunst nicht nur dann auf uns ruht, wenn alles gut läuft.

Es kann sogar das Gegenteil der Fall sein. Manchmal sind es die härtesten Zeiten im Leben, in denen Gott sein größtes Werk in uns tut. Ich habe einen Freund, der zum Lobpreis-Team einer Gemeinde gehörte, in der ich Pastor war. Als eine junge Frau anfing, die Gemeinde zu besuchen, war mein Freund ganz hingerissen von ihr. Sie war erst vor kurzem Christin geworden und hatte ein raues Leben hinter sich. Aber mein Freund verliebte sich in sie und schließlich heirateten die beiden. Die Träume, die er auf seinem Weg mit Jesus schon so lange gehegt hatte, erfüllten sich. Immer wieder sagte er zu mir: „Gary, ich bin so gesegnet, mit ihr verheiratet zu sein. Die Gunst Gottes erfüllt mich ganz.“

Doch ihre Ehe nahm eine ungute Wendung. Seine Frau kehrte zu ihrem alten Lebensstil zurück und geriet immer tiefer in eine Abhängigkeit, bis sie meinen Freund schließlich ganz verließ. Er war am Boden zerstört und untröstlich – nicht nur, weil er seine Frau verloren hatte, sondern weil er das Gefühl hatte, Gottes Gegenwart zu verlieren. „Ich dachte, ich wäre seiner Führung gefolgt, als wir heirateten“, erklärte er mir. „Jetzt weiß ich nicht, was ich denken soll.“

Als mein Freund diese Krise durchmachte, hätte er einer gewissen Lehre folgen können, an die sich viele Christen klammern, wenn sie leiden. Diese Lehre lautet: „Mach dir keine Sorgen, es wird schon alles gut werden. Gott wird alles für dich gut machen.“ Es macht mich zornig, wenn jemand so etwas predigt, denn es erweist Christen einen schlechten Dienst.

Die Nöte der Menschen sind real. Wenn ihre Probleme sich verschlimmern, statt besser zu werden, können sie das nicht einordnen. Und wenn die Dinge sogar endgültig tragisch ausgehen, sind sie erst recht verstört. Jetzt können sie mit ihrem gebrochenen Herzen nirgendwohin gehen, da Gott ja angeblich alles gut macht. Da brauchen wir uns nicht zu wundern, dass so viele verletzte Menschen für immer aus der Gemeinde heraushumpeln.

Als Pastor muss ich Ihnen sagen. Nicht alles wird am Ende gut. Nicht alle Ehen bleiben bestehen. Nicht alle Menschen werden von ihren Süchten frei. Ich habe einige Personen in unserer Gemeinde beerdigt, die nicht hätten sterben müssen, darunter auch junge Menschen. Es gibt viele Gründe, warum es zu Tragödien kommt. Was ich mit alledem sagen will: Die Welt, in der wir leben, und die Probleme, mit denen wir konfrontiert werden, sind real. Und wir brauchen einen realen, treuen Gott, der uns liebevoll zur Seite steht und uns durch diese schweren Zeiten begleitet.

Gibt es eine Krise in Ihrer Familie? Eine finanzielle Krise? Eine Beziehungskrise? Eine emotionale Krise? Gott möchte Sie wissen lassen, dass er bei Ihnen ist – dass seine Hand auf Ihrer Schulter ruht, seine Arme Sie umschließen und seine Kraft unter Ihnen ist, um Sie durch Ihre dunkle Stunde hindurchzutragen.

Mein Freund hätte verbittert werden können. Es gibt so viele Christen, die bitter werden, wenn sie einen solchen Verlust erleben. Sie denken, sie hätten jede Gunst verloren, die sie einmal besaßen. Aber das ist nicht Gottes Art, in unserem Leben zu handeln. Er ist kein Gott, der darauf aus wäre, uns gute Dinge wegzunehmen; er sucht nach Möglichkeiten, uns zu segnen. Er ist auf unser Wohl bedacht und will sogar erstatten, was uns genommen wurde. Als die Frau meines Freundes zu einem sündigen Lebensstil zurückkehrte, war das ihre Entscheidung. Es war nicht Gottes Entscheidung, sondern ihre eigene. Und sie verletzte damit ihren Ehemann und zerstörte ihre Ehe.

Obwohl er vom Schmerz wie gelähmt war, hielt mein Freund an seinem Glauben fest. Er kämpfte sich durch diese niederschmetternde Krise hindurch – und Gott stärkte ihn kontinuierlich. Seine Situation änderte sich nicht, doch alle, die ihn kannten, spürten, wie sein Herz im Reich Gottes immer mehr verwandelt wurde, von Bronze zu Silber und schließlich zu Gold. Der Herr hielt noch mehr für sein Leben bereit – und das würde nur durch seine besondere Gunst geschehen.

Wenn je ein Kind Gottes zu der Überzeugung kommen konnte, Gottes Gunst verloren zu haben, dann David.

Wenn es je einen Israeliten gab, der offensichtlich Gottes Gunst genoss, war es jener erstaunliche junge Mann, der zum König Israels gesalbt wurde. Schon in jungen Jahren schien David alles zu gelingen: Er war ein mächtiger Krieger, den König Saul im Kampf an seiner Seite haben wollte. Und er hatte Charisma: Als Sauls Heere siegreich heimkehrten, jubelte die Menge David mehr zu als dem König. David war gutaussehend und talentiert, ein Musiker, der Lieder verfasste, die noch heute im Volk Gottes gesungen werden. Alles, was er anfasste, schien durch Gottes Gunst gesegnet zu sein.

Doch dann ging irgendetwas in Davids Leben schief – eigentlich sogar alles. Davids Brüder waren eifersüchtig auf ihn. Und auch Saul wurde eifersüchtig und zwar so sehr, dass er vor Wut tobte und David zu töten versuchte. Am Ende musste David fliehen und sich in einer Höhle in der Wildnis verstecken. Diese Fülle der Autorität – warum wurde sie ihm über Nacht genommen?

Ich höre von vielen Christen, die sich über ähnliche Erfahrungen in ihrem Leben wundern. Sie leben jahrelang unter Gottes wunderbarer Gunst, bis plötzlich alles schief geht – und nun stellen sie alles in Frage: Hatten sie wirklich vom Herrn gehört? Wird Gott ihnen treu sein? Lohnt es sich, weiter zu glauben? Davids Antwort sagt alles: „Das Vertrauen auf den Herrn, seinen Gott, gab ihm Mut“ (1. Samuel 30,6). David hätte der Entmutigung nachgeben können – aber er bewahrte seinen Glauben.

Freunde, wenn Ihr Leben eine schwierige Wendung nimmt und Sie sozusagen in einer düsteren Höhle bangen müssen, ist das der Moment, in dem Ihr Charakter geformt wird. Bei Paulus geschah das im Gefängnis, bei David in einer Höhle. Zur Vorbereitung dieser Predigt habe ich Davids Gebetsleben studiert. Man kann es kaum glauben, aber die Bibel berichtet nicht, dass David betete, wenn die Dinge in seinem Leben gut liefen. (David sang Psalmen, aber Lobgesang ist etwas anderes als inniges Gebet). Aber das änderte sich in Davids Krise. In der Höhle wurde er ein Mann, der intensiv betete.

Unsere „Höhle“ ist auch der Ort, an dem wir herausfinden, wer unsere Freunde sind.

Als sich die Nachricht von Davids Krise in Israel verbreitete, scharten sich unerwartete Gruppen von Menschen um ihn. Selbst seine Brüder, die sich von ihm entfremdet hatten, kamen, um ihn zu unterstützen. Dann tauchte eine Gruppe „mächtiger Männer“ auf, um David die Treue zu halten. Diese Soldaten wollten keine weiteren Abzeichen auf ihrer Schulter; sie kamen, weil sie ihren Leiter liebten.

Das alles veranschaulicht einen erstaunlichen Aspekt der besonderen Gunst Gottes: Während wir unsere düstere Nacht durchmachen, ist er am Werk, unsere Beziehungen zu versöhnen. Unser Herr nimmt unsere verlorenen Beziehungen wichtiger als wir. Und die herrlichen Wiederherstellungen, die David in seinen Beziehungen erlebte, wären ohne seine Krise vielleicht nie geschehen.

Nach dieser Phase sehen wir eine neue geistliche Autorität in Davids Leben. In 1. Samuel 23 handelt er mit einer übernatürlichen Kraft, wie er sie nie gekannt hatte. Doch das wäre nie geschehen, wenn Gott ihn nicht durch seine besondere Gunst geformt hätte.

Ihre düstere Phase muss sich nicht ändern, damit Sie wissen, dass Sie immer noch in Gottes Gunst sind. Die meisten von uns beten, dass Gott unsere schwierigen Umstände ändert. Aber wenn wir wüssten, welches erstaunliche Werk er in uns tut, würden wir uns gar keine Änderung wünschen – weil das Beste kurz bevorsteht.

Erinnern Sie sich an meinen Freund, den Lobpreis-Musiker? Als er in seiner schmerzhaften Krise im Glauben treu blieb, brachte Gott eine andere Frau in sein Leben. Sie ist eine erstaunliche Christin mit einem wunderbaren Glauben, die damals gerade im Begriff stand, eine Position in der Führungsspitze einer New Yorker Firma zu übernehmen. „Sie ist eine Nummer zu groß für mich“, vertraute mein Freund mir an, als sich verabredeten. Aber sie sah das anders. Schließlich heirateten die beiden, und er wurde später ein Leiter in einem großen christlichen Werk. Sie sind heute sehr glücklich miteinander.

Mein Freund dachte, er hätte Gottes Gunst verloren – aber das war überhaupt der Fall.

Gott wirkte in seinem tragischen Verlust, um meinen Freund in einer Weise zu segnen, die er sich nie hätte vorstellen können. Gott kümmerte sich um seine familiäre Situation und stellte sie für ihn wieder her, so wie er Davids Beziehungen wiederhergestellt hatte. Und alle in seiner Umgebung konnten miterlebten, wie dieser Segen Gestalt annahm.

Das ist der Gott, der seinen Kindern besondere Gunst erweist. Und er möchte auch Ihnen in Ihrer Krise diese Gunst erweisen. Ich verspreche Ihnen: Wenn Sie an Ihrem Glauben festhalten, werden Sie die Tiefe der Liebe Gottes erfahren, wie nie zuvor. Und Sie werden merken, dass Ihr Leben auf erstaunliche Weise verändert wird und von Gottes übernatürlicher Liebe geprägt sein wird. Amen!