Der Neue Bund und das Geheimnis des Herrn

„Alle, die den Herrn ernst nehmen, zieht er ins Vertrauen und enthüllt ihnen das Geheimnis seines Bundes“ (Psalm 25,14 GN).

Ich glaube, dass Gott mit Bedacht das Wort „Geheimnis“ in diesem Vers gewählt hat. Der hebräische Wortstamm bedeutet „wachsam sein, Ausschau halten, beobachten, ein Eingeweihter sein.“ Darin liegt eine starke Aussage: Gott hat ein Geheimnis, in das er nur solche Gläubige einweihen wird, die bereit sind, leidenschaftlich danach zu suchen. Die Suchenden einer Gemeinschaft werden nur dann seine Vertrauten werden, wenn sie einen tiefen Hunger haben, Gottes Herz zu kennen.

Wichtig ist, dass der Herr sein Geheimnis nicht einfach jedem offenbart, nicht einmal im Leib Christi. Oberflächliche Christen werden es nicht erfassen und gleichgültige Gläubige werden nie hineinkommen. Deshalb nennt die Bibel es ein Geheimnis: Es ist nur für seine Vertrauten bestimmt.

Ich glaube, dieses Geheimnis des Neuen Bundes ist ein Rettungsseil, das Gott jedem Christen zuwirft, der im Schlamm der Sünde versinkt. Auf diese Weise ruft er jedem Kind, das in einer Begierde, einer schlechten Gewohnheit oder einer Fessel des Bösen gefangen ist, zu: „Ergreife meinen Bund. Er wird für dich ein Rettungsanker sein und dir zur Flucht aus der Sünde verhelfen, bevor du fortgerissen wirst.“

Doch – ich sage dies so freundlich, wie möglich – nur eine Handvoll Christen wird dieses Rettungsseil ergreifen. Ein Gläubiger kann all die herrlichen Verheißungen des Neuen Bundes auswendig lernen, komplexe theologische Ausführungen beherrschen und jeden biblischen Bund vom adamitischen bis zu dem Neuen Bund darlegen. Doch nur Wenige werden sich darauf ausrichten, eifrig den Herrn zu suchen, um seinen Neuen Bund zu verstehen, der Leben bedeutet.

Hier sind nur einige der Verheißungen und Vorsehungen, die Gott uns durch den Neuen Bund gibt: ein neues Herz, eine rechte Gottesfurcht, Macht über die Sünde, die Überführung von aller Sünde in uns durch den Heiligen Geist, den Herzenswunsch nach inniger Vertrautheit mit dem Herrn und das in unsere Herzen geschriebene Gesetz des Herrn, damit wir nicht gegen ihn sündigen. Gott verspricht auch, dass sein eigener Geist uns lehren und vor dem Fallen bewahren wird, und dass wir befähigt werden, in seinen Wegen zu wandeln, seinen guten Willen zu tun und bis zum Ende auszuharren – all das durch die in uns wohnende Kraft des Heiligen Geistes.

Vielleicht überlegen Sie: „Wenn Gott den Neuen Bund beschlossen hat – wenn er mit einem Eid geschworen hat, diese herrlichen Dinge zu tun, und wenn sein Wort unveränderlich ist – warum sollte ich für etwas beten, das er bereits beschlossen hat? Warum sollte ich ihn bitten, mich zu befreien, wenn er schon versprochen hat, für mich das zu tun, was ich nicht selbst für mich tun kann? Sollte ich nicht einfach im Glauben auf ihn warten? Wenn die Zusagen seines Bundes feststehen, warum sollte ich glauben, dass Bedingungen wie Gebet und eifriges Suchen daran geknüpft sind?“

Als Antwort möchte ich Sie fragen: „Warum hat Jesus, der den Neuen Bund mit seinem Vater gemacht hat, so eifrig gebetet, wie er es oft tat? Und warum hat er den Vater in einer einzigen Sache dreimal um eine Antwort gebeten? Und warum lobte er in einem Gleichnis eine Frau, die einem Richter keine Ruhe ließ, bis sie schließlich bekam, was sie wollte?

Ich hoffe, ich kann Ihnen beweisen, dass Gott das Geheimnis des Neuen Bundes an die Bedingung geknüpft hat, dass Sie ihn von ganzem Herzen suchen. Durch diese Bedingung und die nötige Disziplin – beten, in der Bibel forschen, eifrig nach dem Herrn suchen – können wir die Verheißungen des Neuen Bundes keineswegs verdienen. Aber diese Dinge bereiten unsere Herzen darauf vor, das zu empfangen, was Gott versprochen hat.

In der ganzen Bibel erkennen wir ein Muster, bei dem Gott sagt: „Ich gebe euch diese Verheißungen – aber ich möchte, dass ihr mein Angesicht sucht, bis ihr völlig von diesen Verheißungen überzeugt seid.“

Seit der Grundlegung der Welt hat es nie eine Zeit gegeben, in der Gottes Volk nicht in einem Bund stand. Dennoch haben gottesfürchtige Männer und Frauen in allen Jahrhunderten gefastet und gebetet, um den Herrn beim Wort zu nehmen. Die Bibel nennt uns mehrere Beispiele dafür:

1. Jakob erhielt von Gott eine sichere Zusage durch den abrahamitischen Bund. Der Herr versprach ihm, sein Schutzschild zu sein, sodass niemand ihm schaden konnte. Außerdem versicherte Gott ihm: „Kehre zurück in dein Land und zu deiner Verwandtschaft, und ich will dir Gutes tun!“ (1. Mose 32,10). Was für starke Zusagen das waren! Wer konnte einem Mann wie Jakob etwas anhaben, dessen Gott mit ihm war?

Trotzdem war Jakob darauf angewiesen, für den Bund zu beten. Er rief aus: „Herr, du hast versprochen, mir Gutes zu tun, wenn ich zurückkehre. Jetzt erinnere ich dich an deine Zusage“ (meine Zusammenfassung der Verse 12-13). Er sagte zum Herrn: „Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du hast mich vorher gesegnet“ (Vers 26). Er nahm den Herrn des Bundes beim Wort.

2. Jesus kannte die Verheißungen des Bundes nicht nur, den er ja selbst mit dem Vater geschlossen hatte, sondern er war der Neue Bund in Person. Alle Verheißungen des Bundes waren in ihm verankert. Doch selbst Jesus fastete und betete.

Einmal brachten einige verzweifelte Leute einen dämonisch besessenen, wahnsinnigen jungen Mann zu Jesus. Seine Jünger waren nicht in der Lage gewesen, den dämonischen Geist auszutreiben. Doch als Jesus dem Teufel gebot, verließ der Dämon den jungen Mann sofort. In der Bibel wird berichtet: „Von jener Stunde an war der Junge geheilt“ (Matthäus 17,18).

Die Jünger Jesu waren verblüfft. In der Bibel wird berichtet: „Da traten die Jünger für sich allein zu Jesus und sprachen: Warum haben wir ihn nicht austreiben können? Er aber spricht zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens; denn wahrlich, ich sage euch, wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berg sagen: Hebe dich weg von hier dorthin! und er wird sich hinwegheben. Und nichts wird euch unmöglich sein. Diese Art fährt nicht aus außer durch Gebet und Fasten“ (Verse 19-21).

Bedenken Sie, was diese Aussage Jesu bedeutet. Er gibt zu verstehen, dass seine Jünger den Glauben und die Vollmacht gehabt hätten, den jungen Mann zu befreien, wenn sie Zeit damit verbracht hätten, zu beten und zu fasten. Jesus hatte die Vollmacht, diesen Dämon auszutreiben, weil Christus Gott in menschlicher Gestalt war. Aber er gab seinen Jüngern dennoch ein Beispiel, indem er selbst betete und fastete.

Was also ist das Geheimnis, das Gott den Seinen offenbaren möchte?

Das Geheimnis des Neuen Bundes ist nicht irgendein plötzlicher Schub übernatürlicher Kraft in uns, der uns befähigt, einer übermächtigen Versuchung zu widerstehen. Es ist vielmehr Gottes leise, sanfte Stimme, die uns mitten in unserer Situation des Scheiterns und der Prüfung seine Liebe offenbart.

Ich möchte diese Wahrheit durch einige Briefe veranschaulichen, die an uns geschickt wurden. Eine Christin schrieb: „Moralische Schwäche und Versagen – das macht mich aus. Ständig falle ich in meine alten Sünden zurück. Ich möchte meinen Herrn nicht betrüben und bete immer wieder, dass er mich davor bewahrt, in die alten Verhaltensweisen zurückzufallen. Doch manchmal habe ich das Gefühl, es ermüdet ihn, dass ich ständig in denselben Bereichen versage. Aber eigentlich höre ich in meinen Anfechtungen nie etwas von ihm. Ich fühle mich entfremdet.“

Vergleichen Sie diesen Brief nun mit folgender E-Mail eines jungen Christen: „Gestern Abend war ich im Gebet und empfand große seelische Not. Ich hatte den Herrn enttäuscht und gesündigt. Es schmerzte mich sehr. Ich weinte vor ihm, aber ich konnte keinen anderen Gedanken fassen, als dass ich zu weit gegangen war. Ich fragte ihn: ‚Wie kannst du mich immer noch lieben? Tust du das, Herr? Oder bin ich zu weit gegangen?‘ Ich flehte um ein einziges Wort von ihm, um zu wissen, dass er mich immer noch liebt.

Dann kam – genau zur richtigen Zeit – Ihr Predigtbrief ‚Bewahrt euch selbst in der Liebe Gottes.‘ Als ich ihn las, war ich so überwältigt und bewegt über die Liebe des Herrn. Ich habe sofort Buße getan, und Gottes Liebe durchströmte mein Herz. Jetzt liebe ich ihn noch mehr.“

Dieser junge Mann steht nun staunend vor der Liebe Gottes, und seine Liebe zu Jesus ist inniger geworden. Warum? Als es schon so aussah, als hätte Satan den Kampf gewonnen, empfing der junge Christ eine Offenbarung der vergebenden und wiederherstellenden Gnade Gottes.

Der Neue Bund verspricht, dass Gott all Ihren Verfehlungen und Übertretungen mit Barmherzigkeit begegnen wird. Das ist aber nicht neu; der Herr ist in jedem biblischen Bund immer barmherzig gewesen. Worin sich der Neue Bund unterscheidet, ist die Art und Weise, wie Gott uns seine Barmherzigkeit erweist: Er sendet seinen Geist, um uns durch eine Offenbarung der allmächtigen Gnade und Menschenfreundlichkeit Jesu Christi zu stärken – gerade an dem Tiefpunkt unseres christlichen Wandels, wenn wir in Schuld und Versagen zu versinken drohen.

Ich bin überzeugt, dass der Leib Christi noch tiefer verstehen muss, wie überaus erstaunlich Gottes Gnade zu uns ist.

Stellen Sie sich einen Christen vor, der den Herrn seit Jahren liebt. Er ist ein betender, treuer Christ mit einem sanften Geist, und man spürt ihm die wunderbare Gegenwart Jesu ab. Doch plötzlich wird dieser gottesfürchtige Christ von einer starken Versuchung überrascht. Er gibt ihr nach und wird auf einmal wieder in eine alte, hartnäckige Sünde gezogen. Vielleicht ist seine Fessel ein Zornesausbruch oder eine Flut böser Gedanken oder Lauheit oder schlimme Sünden wie Trinksucht, Unzucht oder Ehebruch.

Der Teufel greift diesen Christen sofort an, indem er die einzige Waffe benutzt, das er gegen ihn einsetzen kann: Lügen. Er versucht, diesem Christen einzureden:

  1. dass er gegen das Licht gesündigt hat.
  2. dass er zu oft gesündigt hat, nachdem er schon so lange zur Umkehr geführt wurde.
  3. dass er zu viele Sünden begangen hat.
  4. dass er eine Grenze überschritten und Gottes Barmherzigkeit verspielt hat.

An diesem entscheidenden Punkt offenbart sich das Geheimnis des Neuen Bundes. Statt diesen Christen zu verdammen, wirbt der Heilige Geist um ihn und sagt: „Komm rasch zurück zur Besprengung durch das Blut Jesu. Kehre um und nimm seine Vergebung an. Bleibe in der Liebe Gottes. Dir ist uneingeschränkt vergeben. Nimm jetzt deinen Weg mit mir wieder auf.“

Was geschieht in diesem Moment? Der Heilige Geist wirkt in diesem Menschen und offenbart ihm die Liebe Gottes, sodass er über die Barmherzigkeit und Gnade des Herrn staunt. Und das weckt in ihm nur noch größere Liebe zu Jesus.

Das ist die bewahrende Kraft des Heiligen Geistes. Wenn Sie niedergeschlagen und bekümmert sind – wenn Sie meinen, dass Sie eine Grenze überschritten haben und alles aus ist – kommt sogleich der Heilige Geist, um Sie aufzurichten und zu Gottes Gnade zurückzuholen. Alle Ihre Sünden sind bis auf das Letzte bezahlt worden, so schrecklich sie auch gewesen sein mögen. Wie? Jesus hat den vollen Preis dafür geleistet. Gott versprach mit einem Bund: „Ich werde deinen Sünden mit Gnade begegnen – und ich habe dir meinen Sohn als Siegel meines Bundes gesandt. Deine Angst sagt dir, dass ich jedes Recht habe, dich zu verurteilen. Aber mein Bund sagt, dass mein Sohn alles, was dich verdammen würde, auf sich selbst genommen hat. Du bist jetzt frei.“

Genau darum geht es in diesem Bund. Er ist Gottes Liebesbotschaft an sein Volk, die uns sagt: „Ich liebe dich so sehr, dass ich dich nie dem Teufel überlassen werde. Ich lasse nicht zu, dass er dein Leben in seine Gewalt bringt, selbst wenn du gegen mich sündigst. Du kannst dich nie zu weit von meiner Liebe entfernen. Es gibt keinen Ort im Himmel oder auf der Er-de, an dem meine Liebe dich nicht erreicht.“

Das Geheimnis des Herrn ist eine zum Leben befreiende Offenbarung seiner Menschenfreundlichkeit am Punkt unseres Versagens. Es ist der Heilige Geist, der uns mit der starken Offenbarung ausstattet, dass nichts uns von der Bundesliebe Gottes trennen kann. Er ist nicht böse auf Sie – wenden Sie den Blick also von Ihrer Sünde ab und nehmen Sie froh und dankbar an, dass Sie durch das Kreuz Christi freien Zugang zum Vater haben.

Dieses Geheimnis ist, dass Ihr Heiland und Erlöser möchte, dass Sie jubeln und sich freuen – weil Er Ihre vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Sünden auf sich genommen hat. Hallelujah!