Ein Jünger namens...

Gary Wilkerson

In den ersten sechs Kapiteln der Apostelgeschichte wird eines der herrlichsten Werke Gottes in der Geschichte schildert. Es ist eine erstaunliche Serie aktionsgeladener Ereignisse: mächtige Predigten, massenhafte Bekehrungen, übernatürliche Heilungen und Wunder. Das alles war die Erfüllung einer göttlichen Verheißung, die Jesus vorausgesagt hatte.

Vor seiner Auferstehung wies Christus die Jünger an, in Jerusalem zu warten, bis sie die „Verheißung des Vaters“ empfangen hatten. Die Erfüllung dieser Verheißung begann am Pfingsttag, dem Fest der „Erstlingsfrüchte“ in Israel. Die Welt stand im Begriff, die ersten Früchte dessen zu erleben, was Christus durch seine Leiden am Kreuz für uns errungen hat.

Die Jünger hätten sich nicht einmal vorstellen können, was Gott für sie im Sinn hatte. Wahrscheinlich dachten sie: „Prima! Diese Verheißung bedeutet, dass Gott im Begriff steht, Israel wiederherzustellen. Er wird uns für immer von den Fesseln der römischen Unterdrückung befreien, und wir werden wieder sein Volk sein.“

Ich glaube, heute würde die Gemeinde ganz ähnlich reagieren, wenn wir dieselbe Verheißung von Jesus hören würden. Wir würden vermutlich denken: „Wenn Gottes Verheißung zu uns kommt, werden unsere Gemeinden bis zum Bersten gefüllt sein. Der Heilige Geist wird in weiteren Städten wirken, und die Menschen werden von überallher anreisen, nur um einen Hauch davon mitzubekommen. Wir werden gesegnet sein wie nie zuvor!“

Wir sollten uns tatsächlich wünschen, dass der Heilige Geist unsere Gemeindehäuser erfüllt und dem Volk Gottes Freude und Trost bringt. Aber wenn Gottes Herrlichkeit kommt, wird das nicht nur zu unserem Nutzen geschehen. Jesus sagte ja nicht: „Wenn ihr Kraft aus der Höhe empfangt, werdet ihr meine Gottesdienstbesucher, meine Bibelstudenten, meine Gebetskreis-Teilnehmer sein.“ Er sagte: „Ihr werdet meine Zeugen sein bis an die Enden der Erde.“

Gottes Kraft ist dazu bestimmt, über die Kirchenmauern hinaus bis an die entlegensten Orte der Welt zu wirken.

Die ersten Anfänge davon sehen wir in der Apostelgeschichte. Als Petrus aufstand, um zu der Menge zu predigen, die zusammengelaufen war, wurden 3 000 Menschen errettet. Später, als Petrus und Johannes überall in Jerusalem Jesus bezeugten, folgten Zeichen und Wunder in übernatürlichen Heilungen und Befreiungen.

Doch das war erst der Anfang. Wenn das Werk des Heiligen Geistes in Apostelgeschichte 6 aufgehört hätte, wäre die ganze Kraft Gottes in den Händen von zwölf Aposteln geblieben. Doch es fand eine tektonische Verschiebung statt. Gott sagte: „Mein Geist wird nicht länger nur auf einige wenige Auserwählte kommen. Ich werde alle Männer, Frauen und Kinder, die meinen Namen anrufen, mit der Kraft des Heiligen Geistes erfüllen.“

Ich danke Gott, dass seine Verheißung in Apostelgeschichte 6 nicht aufhörte. Doch in einem gewissen Sinn ist das der Punkt, an dem die heutige Gemeinde stehengeblieben ist. Wir verbinden Gottes Kraft mit Predigern, Leitern, Radio- oder Fernsehevangelisten, Autoren oder anderen Personen, die eine öffentliche „Plattform“ haben. Aber ist Gott auch in den Kirchenbänken am Werk? Wirkt die Kraft des Heiligen Geistes durch alle gläubigen Männer, Frauen und Kinder, wie der Herr es beabsichtigt hat? Indem wir errettet wurden, sind wir dazu bestimmt, mit der Kraft Gottes erfüllt zu werden, um die Werke Gottes zu tun.

In der Apostelgeschichte geschah dies so: „Es erhob sich aber an diesem Tag eine große Verfolgung über die Gemeinde in Jerusalem; da zerstreuten sich alle in die Länder Judäa und Samarien, außer den Aposteln“ (Apostelgeschichte 8,1). Dieser Vers sagt, dass die Apostel in Jerusalem blieben. Aber die anderen Gläubigen wurden in die ganze Region zerstreut. „Die nun zerstreut worden waren, zogen umher und predigten das Wort. Philippus aber kam hinab in die Hauptstadt Samariens und predigte ihnen von Christus“ (Verse 4-5). Und so wurde die neue Kraft zum Dienst in der ganzen Umgebung freigesetzt.

Lassen Sie mich hinzufügen, dass der hier genannte Mann namens Philippus nicht der Apostel aus Jerusalem war, sondern ein Laie. Zeichen und Wunder folgten diesem einfachen Mann, wenn er predigte. Von Dämonen besessene Menschen wurden befreit. Gelähmte Menschen wurden geheilt und sprangen vor Freude umher. Als Petrus später nach Samarien kam, um Zeuge dieser Werke zu werden, sah er, dass „große Freude in dieser Stadt“ (Vers 8) herrschte. Eine ganze Stadt wurde von Gottes Freude erfasst! Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis für den Dienst eines einfachen Laien. Aber der Heilige Geist gibt uns dieselbe Kraft, die er Philippus gab, um dieselben geistlichen Werke zu tun.

Als Nächstes sehen wir Hananias, einen Nachfolger Jesu, der in Damaskus lebte. Über ihn selbst erfahren wir nicht viel. Wir wissen nur, dass Hananias vom Heiligen Geist erfüllt war – und dass er eine sehr herausfordernde Aufgabe vor sich hatte: Gott hatte ihn beauftragt, dem berüchtigten Christenverfolger Saulus Jesus zu bezeugen. Zu dieser Zeit „tobte“ Saulus gerade gegen die Gemeinde – und Hananias wurde beauftragt, sich direkt in diese „Schusslinie“ zu begeben. Er wusste, dass es ihn das Leben kosten konnte, wenn er Gott nicht richtig gehört hatte.

Wie würde sich ein ähnlicher Auftrag heute anhören? Vielleicht ungefähr so: „Gary, ich möchte, dass du in die pakistanischen Gebirge gehst. Dort lebt ein Mann in einer Höhle versteckt, und er ist der Anführer von El Kaida. Ich habe ihn vorübergehend erblinden lassen. Er ist bereit, seinen muslimischen Glauben aufzugeben und Jesus nachzufolgen. Geh jetzt zu ihm und bringe ihm das Evangelium.“

Hananias musste eine sehr reale Angst um sein Leben überwinden. Das konnte er, weil er von Gottes Liebe überwältigt war. Plötzlich wurde Hananias mit Barmherzigkeit für einen Mann erfüllt, der sich zum Todfeind aller Christen erklärt hatte. Und so ging er im Glauben zu ihm – und die Geschichte der Bekehrung von Saulus wurde weithin bekannt. Seine Verwandlung vom Saulus zum Paulus – zum berühmtesten Nachfolger Jesu aller Zeiten – war vielleicht die wichtigste Bekehrung der Geschichte. Paulus wurde nicht nur errettet; er schrieb auch einen großen Teil der Schriften, die später zum Neuen Testament zusammengefasst wurden.

An verschiedenen Stellen der Apostelgeschichte sehen wir, dass Gott auch Frauen und junge Menschen so gebrauchte, wie er es bei Philippus und Hananias getan hatte. An einer Stelle begegnen wir Tabita, die ich die pfingstliche Mutter Teresa nenne. Sie war überall in Joppe wegen ihrer guten Werke und ihrer Wohltätigkeit bekannt und diente Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Timotheus war ein junger Mann, der unter Paulus lernte – ein Team, das Gott mächtig gebrauchte, sodass „die Gemeinden im Glauben gefestigt wurden und täglich an Zahl zunahmen“ (siehe Apostelgeschichte 16,5). Tag für Tag kamen durch den Dienst von Paulus mit einem jungen Partner an seiner Seite viele Menschen zu Jesus.

Dann lesen wir in Apostelgeschichte 11 von einem weiteren tektonischen Umbruch in der Geschichte der Kirche, diesmal durch geisterfüllte Gläubige, die in der Bibel nicht einmal namentlich genannt werden. Sie waren die Ersten, die den Nicht-Juden das Evangelium bezeugten und die Gute Nachricht von Jesus über die Grenzen des Judentums hinaustrugen: „Es waren aber einige unter ihnen, Männer aus Zypern und Kyrene, die kamen nach Antiochia und redeten auch zu den Griechen und predigten das Evangelium vom Herrn Jesus“ (Apostelgeschichte 11,20). Ich liebe diese Formulierung: „einige unter ihnen“. Diese treuen, nicht namentlich genannten Gläubigen hatten keine Ahnung, welche entscheidende Rolle sie in der Geschichte spielten.

In jeder Bewegung Gottes nehmen einfache, ungesehene Laien die pfingstliche Kraft in Anspruch, um in seinem Namen große Dinge zu vollbringen.

Pfingsten war nicht nur ein historisches Ereignis, das vor rund 2 000 Jahren stattfand, sondern ein lebendiges, atmendes Phänomen, das sich immer noch fortsetzt. Missiologen sagen, dass Pfingsten sich alle 30 Minuten irgendwo in der Welt ereignet. Irgendwo fleht in diesem Augenblick eine kleine Gruppe von Gläubigen zu Gott – und sein Geist fällt auf sie und bevollmächtigt sie, seine Zeugen für eine unerrettete Welt zu sein.

Pfingsten geschieht jetzt gerade in Varanasi, einer Stadt im Norden Indiens, die ich vor kurzem besuchte. Nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung gehörte einer Kirche an, als eine junge Christin vor einigen Jahren dort ankam. Aber sie begann, einen Menschen nach dem anderen zu Jesus zu führen, und diese Bekehrten begannen ebenfalls, andere zum Herrn zu führen. Inzwischen sind tausende dynamische Gemeinden in der Region entstanden, und Christus wird mit großer Kraft bezeugt. Diese junge Frau behielt Pfingsten nicht für sich. Und es gibt überall in der Welt Gläubige wie sie – Christen, die den Heiligen Geist anflehen, die Liebe des Vaters weiterzutragen.

Bei mehreren Gelegenheiten sagte mir mein Vater, David Wilkerson, was ihn am meisten betrübte, als er in den 1950er Jahren Pastor einer kleinen Gemeinde in Pennsylvanien war. Es war eine Pfingstgemeinde, und deshalb hatten die Gottesdienste einen bestimmten Ablauf. Schwester Soundso spielte auf der Orgel und die Gemeinde sang traditionelle Lieder. Dann stand jemand auf und gab eine Sprachenrede weiter, gefolgt von einem anderen, der die Auslegung gab. Dann predigte mein Vater. Anschließend sprach er ein Gebet und Menschen kamen zum Altar und beteten um den Heiligen Geist. Dann gingen alle wieder nach Hause.

Diese Gemeinde hatte keine evangelistischen Initiativen. In den wenigen Jahren, in denen mein Vater dort Pastor war, kamen sehr wenige Menschen zu Christus. Die Christen dieser Gemeinde suchten Pfingsten nur für sich selbst; sie erlebten nie den Pfingstsegen, den Gott eigentlich für sie hatte. Das traurige Gebet meines Vaters sagte alles: „Herr, wenn das hier Pfingsten sein soll, dann will ich es nicht. Wenn es nur darum geht, Woche für Woche einen „Segne-mich-Club“ zu veranstalten, will ich damit nichts zu tun haben.“

Es war der Wunsch nach einem echten Pfingsten, der meinen Vater veranlasste, eine Zeitlang nicht mehr fernzusehen, um stattdessen zu beten. Der Rest ist Geschichte. In den Jahrzehnten, die seither vergangen sind, wurde sein Buch Das Kreuz und die Messerhelden mehrere Millionen mal verkauft und es sind über tausend Teen Challenge Zentren in aller Welt entstanden, in denen verlorene und gebrochene Menschen gerettet werden. Alle diese Werke verkünden, dass Gottes Kraft auch heute noch durch den Heiligen Geist wirkt.

Es gibt ein wichtiges Kapitel in der Bibel, das die Gemeinde noch zu Ende lesen muss: Apostelgeschichte 29.

Natürlich hat die Apostelgeschichte nur 28 Kapitel. Aber seit Jahrhunderten fügt Gott durch zehntausende Jünger ein weiteres Kapitel hinzu. Ihre Namen lauten nicht Philippus oder Tabita oder Timotheus. Heute tragen sie Namen wie Jenny, die unsere Gemeinde in Colorado Springs besucht. Sie ist eine rothaarige Australierin mit dem lustigsten Lachen, das Sie je gehört haben – und sie gibt alles für das Evangelium. Sie und ihr Mann erleben jeden Tag, wie Gottes Kraft an den Menschen wirkt, denen sie begegnen.

Es gibt hier auch einen Jünger namens Jimmy, an dessen Seite ich nun schon seit einigen Jahrzehnten diene. Nur wenige Menschen evangelisieren so wie er. Als Jimmy vor einiger Zeit wieder jemanden zum Herrn führte, schlug er vor: „Lass mich in deinem Haus eine Bibelgruppe leiten.“ Bald darauf kamen weitere Personen aus der Nachbarschaft hinzu und wurden errettet. Genauso machte Jimmy es in einem anderen Stadtteil. Dann in einem weiteren. Überall in der Stadt entstanden Bibelgruppen, weil ein radikaler Christ auf die Kraft des Heiligen Geistes vertraute, der die Herzen auf übernatürliche Weise berührt.

In unserer Gemeinde gibt es auch einen jungen Mann namens Chris, der erst vor wenigen Monaten errettet wurde. Er war selbstmordgefährdet, als er bei einem unserer Straßeneinsätze Jesus begegnete. Nun beteiligt sich Chris an einem Hauskreis und ist vom Geist Gottes erfüllt. Er bat seinen Hauskreis, für seine alten Freunde zu beten, von denen einige, wie er sagt, voller Dämonen sind. Ein älterer Mann in der Gruppe bot an, Chris zu begleiten, um seinen Freunden Jesus zu bezeugen, aber Chris musste lachen: „Da, wo ich hingehe, willst du bestimmt nicht hin.“ Es waren erfahrene Teams, die wir an einige der finstersten Orte der Stadt schickten, aber Gott wählte einen mutigen jungen Christen, um einen besonders düsteren Ort zu erreichen.

Dann gibt es einen dreizehnjährigen Jünger namens Jonathan in unserer Gemeinde, der mit der Autorität eines ganzen Missionarslebens betet. Seine Gebete bringen selbst Erwachsene auf die Knie, weil seine Stimme den Klang eines gebrochenen und zerschlagenen Herzens hat. Jonathan hungert regelrecht danach, dass Gott die Verlorenen rettet, und sein geistlicher Hunger ist ansteckend.

Die hier erwähnten Jünger sind Christen des 21. Jahrhunderts, denen die Kraft des 1. Jahrhunderts gegeben wurde. Und Sie und ich sind gleichermaßen dazu berufen – ausgerüstet zu werden durch den Geist Gottes, um das Werk Gottes zu tun. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass viele in der Gemeinde nicht länger nur Hörer des Wortes bleiben, sondern Täter des Wortes werden. Bibelkreise und Gebetsgruppen sind gut, aber es ist eine Sache, von Jesus und seiner Herrlichkeit nur zu wissen; es ist eine ganz andere Sache, von seinem Heiligen Geist erfüllt zu sein, der in uns wohnt, damit wir so dienen, wie er es tat. Das ist der Grund, weshalb der Heilige Geist gekommen ist: um in uns zu wohnen, damit er durch uns seine Absichten erfüllen kann.

Ich bitte Sie inständig, zusammen mit mir zu beten: „Herr, ich will stark darin sein, dein Wort zu lernen – und ich will ebenso stark darin sein, dein Wort zu tun. Ich möchte zu den namenlosen ‚einigen von ihnen‘ gehören, die sich danach sehnen, deine Kraft in den Herzen der Verlorenen wirken zu sehen. Bringe Pfingsten heute zu uns, Herr! Amen.“